Totenstille in der Tötungsstation von Braila in Rumänien.

UPDATE – 20.12.17

Die Welt scheint für den Moment wieder etwas heller zu sein.

59 Hunde haben am Dienstag die Tötungsstation in Brăila für immer hinter sich gelassen. Sie sind aufgebrochen in ein neues Leben. Haben den Ort verlassen wo der sichere Tod auf sie wartete. 12 weitere Hunde konnten reserviert werden. Damit ist das Shelter nicht mehr überfüllt und die örtlichen Behörden sehen hoffentlich von weiteren Tötungen ab.

Wir haben noch einmal die Plätzchen bei uns auf dem Schutzhof nachgezählt, wurden fündig und übernehmen jetzt 16 der geretteten Hunde.

Die Vorstellung unserer neuen Schützlinge erfolgt – sobald wir alle Daten und Fotos der Fellnasen zusammen haben.

Es war ein langer Tag in Rumänien. Aber es war ein erfolgreicher Tag für uns. Denn jedes Leben zählt…..

Danke an alle die uns immer und immer wieder unterstützen. Ohne Euch könnten wir das nicht.
Ihr seid großartig 

17.12.17 – Harald’s Bericht vom Wochenende 15/16.12.17 In Braila Rumänien.

Immer wenn mich unsere Casa Chefin Sabine „antickert“ mit den Worten „Wie siehts aus?“   … sollten meine Alarmglocken schrillen und ich mich verstecken.
Aber mein Frühwarnsystem ist eine Katastrophe.
So fand ich mich an diesem Freitag wieder morgens auf der Autobahn von München nach Berlin. Unterwegs sammelte ich noch unsere Vorsitzende Sabine und Tino von NaTiNo ein, bevor es nach Berlin Schönefeld ging. Auf dem Abendflug wurden die Pläne für den nächsten Tag geschmiedet. Wie immer sind die Nächte in Rumänien kurz und nach 5 Stunden Ruhe, mahnte der Wecker, unseren Worten Taten folgen zu lassen. Wir trafen uns in aller Frühe am Samstag mit unseren Mitstreitern an diesem Tag – Sabine Peschke von NaTiNo samt ihrem Team sowie Rudi Hofmann und machten uns bei Morgengrauen (in jeder Hinsicht) auf die Fahrt nach Braila in die Tötungsstation. Manchmal hat man auch Glück- ich hatte keinen Fahrdienst – also schlafen so gut es eben geht bis zur Ankunft.

Kurz vor Braila bogen wir ab, durchfuhren ein ärmliches Dorf, wie man sie häufig in Rumänien sieht, vorbei an öffentliche Brunnen, weil auch in Europa nicht jeder Wasseranschluss besitzt, unzähligen Straßenhunden bis wir die Station erreichten.

Wir wurden erwartet und das Tor wurde uns geöffnet.
Schnell war die gegenseitige Vorstellung mit den dortigen Verantwortlichen vorbei und ich begrüßte eine kleine sehr freundliche Mischlingshündin ,die in einem Verschlag, ein Kennel war es definitiv nicht, freudig heraus lugte. Ich gab ihr den Namen Jemma und das Versprechen sie nicht dort zu lassen.Natürlich hat das örtliche Veterinäramt ein hohes Mitspracherecht und ist letztlich Entscheider, ob ein Hund ausreisen darf, aber ich bin ein positiver Mensch. Während wir also alle um Jemma’s „Verlies“ standen wagte ich den ersten Blick zu den Außenkennels der Tötung. Es sind wieder viel zu viele, ging es mir durch den Kopf. Erst als der Gedanke meine müden Hirnzellen erreichte , wurde mir schlagartig bewußt , was nicht stimmte – das ich kein Hundegebell hörte. Nicht ein Hund schlug an, obwohl zwei Autos in den Hof eingefahren waren und unzählige Menschen sich zu den Kennels bewegten.

Manchmal sollte man nicht fragen, aber ich tat es doch und hörte, was ich nicht hören wollte. Es hatten wöchentlich Tötungen statt gefunden und wer einmal Todesangst gehabt hat – bellt nicht mehr. Die Bubus ,wie ich alle Hunde und insbesondere meine eigenen gerne nenne, haben die Schreie ihrer Kennelgenossen gehört, der Tod lag förmlich in der Luft. Sie atmeten diese Luft. Nun stand ich also fassungslos vor dem ersten Kennel starrte auf die Liste die neben jeder Kennelnummer aushängt und sah die durchgestrichenen Nummern. Namen? Tote haben keine Namen.

Ich habe schon einige Tötungsstationen in Osteuropa gesehen, diese hier ist auf den ersten Blick gut geführt. Ein Arbeiter war bereits dabei die Kennels zu säubern, Futter zu verteilen und die Wassertröge zu füllen. Das ist soviel mehr, als ich z.B. in Ungarn gesehen habe und doch – am Ende wartet der Tod.

Es war also Zeit meinen „Aus“ Knopf zu drücken. Der funktionierte und alles hinderliche wird ausgeblendet.
Kennel für Kennel gingen wir durch um einen ersten Überblick zu bekommen, dann wurden wir von der Realität eingeholt. Rudi kam mit einer Tötungsliste in der Hand auf uns zu. Darauf waren die Hunde vermerkt die am Montag getötet werden sollen. Da musste auch ich mehrmals, den eben erwähnten, „Aus“ Knopf drücken. Hier wurde auch ohne Not getötet. Ich habe leere Kennel gesehen, deren ehemalige Bewohner auf der vorherigen Liste standen!!!
Wir klemmten uns die Liste unter den Arm und suchten die Hunde die getötet werden sollen…..

Jeder von uns hat in seinem Leben Entscheidungen getroffen, die nicht immer leicht gefallen sind. Wir waren wieder einmal soweit, um hier über Leben und Tod entscheiden zu müssen. Etwas was eigentlich dem lieben Gott und keinem anderen vorbehalten sein sollte. Hoppla der „Aus“ Schalter war wieder umgekippt.

Unsere Hysterie musste also der Vernunft weichen.

Und erneut erlebte ich mit NaTiNo e.V. gelebten Tierschutz.
Jeder durchdenkt seine Möglichkeiten und nutzt genau diese, gemeinsam zum Wohle des Tieres. Gemeinsam mehr erreichen.Alle Möglichkeiten zusammenwerfen und was bewirken.

Was bei Casa Animale nicht ging ,klappte bei NaTiNo und umgekehrt auch hatten wir Rudi Hofmann aus Rumänien mit an Bord der ebenfalls seine Möglichkeiten mit in den Topf warf. So hatten wir viele Möglichkeiten, wenn sie auch nie ausreichen werden.

Die Anzahl von echten Angsthunden war enorm und einigen werden wir ein neues Leben ermöglichen können.

Am Ende standen 57 Hunde auf UNSERER Liste, die wir gemeinsam mit NaTiNo e.V. und Rudi Hofmann reserviert haben und die wir definitiv nach der Freigabe durch das Veterinäramt , am Dienstag holen werden.

Die dreistündige Rückfahrt verlief eher schweigend. Ein jeder hing seinen eigenen, persönlichen Gedanken nach – um das Gesehene zu verarbeiten.
Hunde die panisch wurden weil sie dachten wir würden sie zum töten holen. Angsthunde die schreckliches erlebt haben müssen, Hunde die sich vor dich hinwarfen um deine Liebe bettelten sich über jede Berührung von dir freuten.

Schon während der Fahrt zurück nach Bukarest begann ich die gemachten Fotos an unsere Mädels in Deutschland zu schicken, damit diese beginnen konnten Rettungspaten z und Plätze zu suchen. Je mehr man davon hat umso mehr kann man bewirken.

Am Abend ging der Flug zurück nach Berlin, zurück auf die Autobahn, meine Mitstreiter wurden ausgeladen und ich selbst war dann am frühen Sonntag morgen bei meinem „Rudel“.

Zuhause im schönen Niederbayern angekommen, begrüßte ich zunächst unser neues Pfegemädchen Wendy, die ich auf meiner letzten Reise in Rumänien in einem Shelter entdeckte und dort nicht lassen wollte. Ich erzählte ihr von Dickie, der noch in der Tötung sitzt und bald ebenfalls bei uns, am warmen Feuer sitzen wird, bis wir ein zuhause für ihn gefunden haben.

Ich checkte meine Nachrichten udn freute mich über 2 Platzangebote die Iris aufgetan hatte und die vielen Rettungspatenbeiträge.Nur diese Kombination hilft uns das wir helfen können.

Müde, und erschöpft aber mit einem Gefühl von ein wenig Frieden im Herzen, umringt von denen die mir am wichtigsten sind, endet dieser „Einsatz“ bis die liebe Bine wieder schreibt – „wie siehts aus?“

Nachtrag :
Als ich aufwachte hatten alle Hunde von uns ihre Rettungspatenschaft erhalten oder zugesagt bekommen. Da drei Hunde inzwischen einen Platz haben , haben wir gleich drei aus der Nachrückerliste aufgenommen.
Hier freue ich mich, wenn ihr für Winston oder Phil einen Beitrag zu Rettungspatenschaft spenden könnt.

Dickie kommt zu mir aber wer diesen tollen ca. 4-5 jährigen schmusigen Bub adoptieren will , der meldet sich bei mir (h.merkel@casa-animale.de). Es kommen nur die allerbesten Menschen für diesen Bub in Betracht. Der Platz bei mir, bleibt sicher nicht lang unbesetzt. Versprochen.

Allen Unterstützern des Tierschutzes, danke ich von ganzem Herzen, für ihren Zuspruch. Ihr vollbringt damit wunderbares.