Reisebericht über die Hilfsaktion in der Sinti und Roma Siedlung

Reisebericht:

Ein Unterstützungsaufruf aus der Slowakei Ende letzten Jahres, ließ uns dieser Tage erneut auf die Reise gehen. Ziel sollte eine Roma und Sinti Siedlung in der Slowakei sein. Dort leben etwa 5.000 Menschen und unzählige Hunde auf engsten Raum zusammen. Es scheint immer so, dass der einzige Reichtum, den diese Menschen besitzen, Kinder sind. Wir starteten, speziell für diese Aktion, einen Spendenaufruf für gebrauchte Kinderkleidung und Kinderspielzeug. Einiges an Spenden fand daraufhin seinen Weg auf die Casa. An dieser Stelle möchten wir uns nochmals bei allen Spendern herzlich bedanken.

Hier gehts zum Video der Hilfsaktion!!! (Bitte hier klicken.)

Vom 20.03. bis 24.03.2018 war die Aktion in der Slowakei geplant und so trafen sich unsere beiden Vereinsmitglieder Sabine und Harald nachmittags in der Nähe von Bratislava, um den restlichen Weg nach Filakova gemeinsam fortzuführen. Mit „im Gepäck“ hatten sie Tino von dem befreundeten – und ebenfalls in der Slowakei engagierten – Tierschutzverein NaTiNo e.V.

Am nächsten Morgen fand dann um halb 8 die erste Lagebesprechung mit Bea, unserer slowakischen Tierschützerin, statt. Von ihr kam der „Hilferuf“, dem wir gefolgt waren. 3 Stunden würde die Fahrt dauern bis wir dort sein würden. „Hildegard“,wie wir unseren vereinseigenen Transporter  liebevoll nennen, stand uns treu zur Seite und kein Schlagloch war ein Hindernis. Unterwegs sammelten wir noch eine Tierärztin und eine weitere Tierschützerin ein, die Platz im zweiten Transporter fanden. Zu guter Letzt stoppten wir bei einem Tiershelter, welches  Hunde aus dieser Siedlung immer wieder aufnimmt. Der Leiter kannte die  Sinti Roma Clan Chefs. Wir lernten wieder einmal, wie wertvoll es ist, jemanden zu kennen –  der jemanden kennt ….

Es öffnet benötigte Türen!

Nachdem wir mitgebrachte Futterspenden ausgeladen hatten, traf auch die örtliche Polizei ein. Sie würde diese Aktion begleiten und war unser einziger Schutz in der Siedlung.
Mental wurden wir darauf vorbereitet, was uns erwarten könnte und würde. So sind Hundekämpfe dort in der Siedlung ein sehr beliebter Zeitvertreib  und wir könnten daher auch auf  verletzte oder getötete Hunde treffen. Wenn das Signal zum Aufbruch gegeben würde, sollen wir nicht diskutieren sondern uns ins Auto setzen  und Gas geben. Klar verständliche Anweisungen. Prima!

Dann ging die kurze Fahrt in die Sinti und Roma Siedlung los. Am Eingang zur Siedlung gab es so etwas wie eine Verwaltung.
Wir sollten dort die mitgebrachten Kleider und Spielzeug Spenden abgeben. Die Verteilung würde von dort geschehen. Das machte auch Sinn, denn unsere Spenden würden niemals für alle reichen und selbst dann, würde es bei der direkten Verteilung Gewinner und Verlierer geben. Etliche Aufsichten mit gelben Warnwesten halfen uns mit den Spenden und weitere Polizeikräfte trafen zur Unterstützung unserer Aktion ein.

Was wir bald sehen würden, ließ nicht wirklich vermuten, das wir in Europa sind.

Kinder und Jugendliche begleiteten uns auf jedem Zentimeter den wir uns in der Siedlung bewegten. Die sollten eigentlich um diese Zeit die Schulbank drücken, nicht unsere „Hildegard“. Sie hofften wohl auf leichte Beute oder ein kleines Geschenk. Besucher waren mit Sicherheit die Ausnahme in der Siedlung. Befestigte Straßen innerhalb der Siedlung Fehlanzeige, einzige Wasserversorgung für alle ist eine zentrale Trinkwasserstelle, Kanalisation nicht vorhanden, vor uns wurde jegliches Schmutzwasser wie auch der Inhalt manches Nachttopfes ausgeschüttet.

Wohnblöcke, die diese Bezeichnung schon lange nicht mehr verdienten, waren hier nur für die Privilegierten. Die meisten Menschen leben dort in Holzbarraken oder ausgedienten Schiffscontainern. 3 – 4 Großcontainer, wie sie bei uns für Bauschutt verwendet werden, standen dort für den Müll bereit. Dieser Müll dient dort vielen Hunden und anderem Getier als einzige Nahrungsquelle. Frischwasser daran dachte man wohl erst gar nicht.

Unser Verstand konnte nicht so schnell begreifen was wir sahen. Mittendrin Kinder die spielten und dabei in diese Brühe fielen. Nachkriegserzählungen der Großeltern – von zerbombten Städten –  kamen einem in Erinnerung. Doch bei all dem Elend, vor dem man als Mensch nicht seine Augen verschließen darf, waren wir wegen der Hunde an diesen Ort gekommen. Wir zogen alle ein zweites Paar Einweghandschuhe an und dann sollte es losgehen.

Die ersten Hunde wurden uns auch schnell und bereitwillig gebracht. Meist blickten wir in schreckensgeweitete Äuglein, Hunde die jeden Widerstand aufgegeben hatten. Sie haben leidvoll erfahren, das sich Widerstand nicht lohnt.  Sehr viel Schläge und andere unaussprechliche Misshandlungen haben sie dafür schon an diesem Ort erleiden müssen. Nicht selten sehen wir die frischen und alten Narben an den  Körpern der Fellgesichter. Hunde die für die Kampfhunde als „Spielzeug“ dienen mussten, hilflos den  Aggressionen Betrunkener oder einfach nur gemeinen sadistischen Menschen hilflos ausgesetzt. Dort wo Hunde jaulend an ihrem Fell  zu  uns herbeigeschleift  wurden, sprangen wir dazu und übernahmen den Hund schnell, um sie der gewaltsamen Behandlung zu entziehen.

Wir freuten uns, als uns ein liebes völlig überfüttertes Hundemädchen übergeben wurde. Die musste wohl in der Nähe der Küche gewohnt haben oder bei einem netten Menschen der sein Weniges mit dieser Fellnase geteilt hat. Wir gaben ihr den Namen Pralinchen.
Oder der Akita Inu Schäfimix, dem wir den schönen Namen Odin gaben. Ein wundervoller, ausgeglichen wirkender etwa 8 jähriger Hundebub, mit tieftraurigen Augen .Diese große imposante Schönheit mit Narben im Fellgesicht, die eine eigene Geschichte erzählen. Widerstandslos stieg er zu uns ein, setzte sich in die ihm geöffnete Box und es schien uns, als würde Hoffnung in seine Augen aufkeimen als wir die Tür hinter ihm schlossen. Weg von diesem Horror, wo Mensch und Artgenossen Feind und nicht Freund sind und das nackte überleben jeden Tag auf dem Stundenplan steht.

Wir waren mit Hochdruck damit beschäftigt die Tiere schnell in Empfang zu nehmen, sie in eine der Hundeboxen zu setzen und unser Eigentum nicht aus den Augen zulassen. Das wurde schon von vielen Augen genau taxiert. Die Ordner und die Polizeikräfte halfen uns, die Menschen auf ein Minimum an Distanz zu halten. Es gelang nicht immer und wir hatten alle so unsere eigene Strategie entwickelt, den Sinti und Roma zu begegnen. Während Sabine sich bei den Menschen lächelnd bedankte, die einen Hund brachten, setzte Harald auf Pokerface. Sobald sich die Tür des Transporter öffnete war Vorsicht geboten. Erste Kinder wollten die abgegebenen Hunde wieder befreien. Das wussten wir zu verhindern und das ein oder andere Kind wurde auch am Einstieg in den Transporter von uns oder den Ordnern gehindert.

Irgendwann erfuhren wir auch von der Strategie die die Leitung genutzt hatte. Jeder Bewohner der Siedlung, der uns einen Hund aushändigte, durfte sich etwas aus den mitgebrachten Spenden, die in der Verwaltung waren aussuchen. Jetzt verstanden wir,warum die Polizisten Fotos mit dem Handy machten von den Hunden samt Überbringer. Vor allem war uns jetzt klar, warum wir in einer guten Stunde, beide Auto fast voll von Hunden hatten. Normalerweise geht das nicht so Diskussionslos.

Kurz bevor wir die Siedlung komplett abgefahren hatten bekamen wir das Signal, das die Stimmung kippte und es nun Zeit war die Siedlung zu verlassen.

Das taten wir dann auch auf schnellstem Wege.

Auf dem Rückweg konnte keiner von uns sagen wie viele Hunde wir eigentlich an Bord hatten. Erleichterung machte sich in uns breit, dort unversehrt und mit so vielen Hunden herausgekommen zu sein.

Wir fuhren direkt zum Tierarzt, der uns bereits erwartete. Beim Ausladen hatten wir dann erst einmal Zeit zum zählen. 45 Hunde hatten wir einsammeln können.

Jede Menge Arbeit für den Tierarzt jede Menge Kosten für uns.

Alle mitgebrachten Hunde müssen jetzt versorgt werden. Den ein oder anderen Huster hatten wir bereits gehört und was in den Tieren beheimatet ist, wollten wir uns nicht einmal vorstellen. Auch die Kastration bei den Hunden mit entsprechendem Alter, wird gleich vorgenommen, wie auch die Impfungen, chippen , damit nach der Quarantänezeit die Ausreise geplant werden kann.

Unsere neuen Schützlinge sollen schon bald erfahren, das es eine Familie gibt, die auf sie wartet und die sie liebt.

Tritte und Schläge sollen von nun an  der Vergangenheit angehören.